Menschenschutz / Umweltschutz: Stechmückenbekämpfung gezielt und effektiv


Stechmücken sind lästig und stören jede Gartenparty oder den gemütlichen Aufenthalt auf der Terrasse. Sie haben aber auch eine wichtige Rolle in der Lebensgemeinschaft aquatischer und terrestrischer Gebiete. Gerade durch ihr periodisches Massenauftreten während der Fortpflanzungszeit erfüllen sie eine wichtige Funktion als Nahrungstiere, sowohl in ihrer Larvenform im Wasser (z.B. Fischnahrung), als auch in ihrer adulten Form als (z.B. Vögel- und Fledermausnahrung). Eine Forderung der flächendeckenden Bekämpfung ist deshalb durchaus umstritten.

 

Wie bekämpfen? Was bekämpfen?

Die Schnakenbekämpfung erfolgt seit Jahrzehnten mit dem Wirkstoff Bti. Dieser Wirkstoff ist ein Eiweißkristall, das aus dem Bacillus thuringiensis israelensis (Bti) gewonnen wird. Es lagert sich bei den Zielorganismen an Rezeptoren von Darmzellen, bringt die Zellen zum Zerplatzen und zerstört damit das Darmepithel. Der Wirkstoff wird mit Eisgranulat, Sand oder Öl in den Rheinauen mit dem Hubschrauber durch die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS) auf die entsprechenden Wasserflächen und Überschwemmungsflächen ausgebracht. Dadurch sollen die Überschwemmungsmücken am Altrhein im Bestand dezimiert werden.

Bekämpfung in der VG Offenbach

In den Gemeinden westlich der Rheinauen erfolgt das Ausbringen zu Fuß mit Handspritzen. In Gräben und auf Wiesen sind Überschwemmungsmücken das Ziel, im Wald die Waldmücken. In unserer Verbandsgemeinde wird eigenes Personal beschäftigt. Bislang war es eine Person, dies wurde aber seit einigen Wochen auf zwei Personen verdoppelt. Das Bti wird als Konzentrat von der KABS bezogen. Für Hausmückenbekämpfung auf Privatgrundstücken können Bti-Tabletten bei der VG-Verwaltung abgeholt werden. Weitere Leistungen bringt die KABS für die VG nicht.

 

Ist Bti unschädlich für andere Arten?

Aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist bekannt, dass Bti innerhalb der Ordnung der Zweiflügler eine Breitbandwirkung besitzt. Sicher ist wohl, dass Bti auf alle 2.500 Arten der Stechmücken tödlich wirkt (in Europa sind es 104 Arten), ebenso wie auf die über 50 Arten der Kriebelmücken. Hinzu kommt eine letale Wirkung auf Zuckmückenarten (ca. 700 in Deutschland), die für den Menschen keine Störung darstellen, aber einen Hauptnahrungsbestandteil für viele Tierarten darstellen.

Neue Untersuchungen (2017 Uni Koblenz-Landau) zeigen, dass vor allem die ersten Larvenstadien der Zuckmückenlarven sehr empfindlich schon gegenüber geringen Bti-Konzentrationen sind. Zuckmücken, die in allen Feuchtgebieten in oft sehr großer Zahl vorkommen, sind auch aufgrund ihres hohen Eiweißgehaltes ein wertvoller Hauptnahrungsbestandteil für Spinnen, Amphibien (Adulte und Larven), Fische, Libellen, Vögel und Fledermäuse.

Auswirkungen auf andere Insekten wie Eintagsfliegen, Wasserkäfer oder Waffenfliegen wurden immer wieder veröffentlicht, vor allem in Langzeitstudien. Untersuchungen der Uni Koblenz-Landau (2018) an Grasfrsochkaulquappen haben gezeigt, dass Amphibienlarven, die während ihrer gesamten Entwicklungszeit Bti ausgesetzt waren, Veränderungen in ihrer Entwicklung, z.B. durch steigende Enzymaktivitäten zeigen. Auch hier gibt es also Auswirkungen, die weiter untersucht werden müssen. Auswirkungen auf Fische werden vor allem den Trägersubstanzen zugeschrieben.

Bis jetzt liegen keine ausreichenden Untersuchungen über die Wirkungsweise von Bti auf Nichtzielorganismen vor. Es wurden im Laufe der Zeit zwar viele Laboruntersuchen und auch Freilanduntersuchungen mit verschiedenen Organismen veröffentlicht, die aber zum großen Teil nicht umfassend genug sind und zudem meist von den Interessengruppen, die den Bti-Einsatz propagieren, selbst durchgeführt worden und daher nicht als unabhängig zu werten sind. In Deutschland gibt es im Gegensatz zu anderen Ländern kein Langzeitmonitoring zu den Auswirkungen des Bti-Einsatzes, obwohl es hier auch in FFH-Gebieten und Naturschutzgebieten eingesetzt werden darf.

 

Vermeidung von Brutstätten besser als großflächig bekämpfen!

Ganz ohne Bti wird eine effektive Schnakenbekämpfung nicht möglich sein. Dennoch sollte der Einsatz - vor allem wegen der nicht abschließend geklärten Auswirkungen auf Nichtzielorganismen auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden. Andererseits würde es auch mit intensivstem Einsatz von Bti niemals gelingen, die Schnaken komplett zurückzudrängen. Primäres Ziel muss sein, Brutstätten für sämtliche Schnakenarten zu vermeiden.

Im privaten Bereich (Hausschnake) heißt dies, Dachrinnen, Wassertonnen, herumstehende Gefäße und sonstige stehenden Gewässer zu vermeiden oder mit einem Fliegengitter abzudecken. Be- und Entwässerungsgräben auf den Wiesen wurden bereits auf Schwachstellen untersucht und die zu beseitigenden Abflusshindernisse festgestellt. Dadurch können die potentiellen Einsatzstellen von Bti dezimiert werden. (Fortsetzung folgt…)